Kapitel Baumwolle

Ein paar Jeans, ein bequemes T-Shirt oder die Masken die nun unseren Alltag prägen, sie alle sind aus dieser alten Kulturpflanze Baumwolle, die schon seit Jahrhunderten aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken ist. Zwar gibt es bis 50 wilde Arten von Baumwollpflanzen, für die industrielle Textilproduktion sind aber de facto lediglich vier Kulturpflanzen von Bedeutung, aus deren kugeligen Früchten die weißen, langen und wolligen Samenfasern gewonnen werden. Um zu gedeihen brauchen diese Baumwollsträucher ein tropisches bis subtropisches Klima. Nach nur neun Monaten werden die eigentlich langlebigen und robusten Pflanzen abgeerntet, abgeschnitten und ausgerissen um im kommenden Jahr wieder neu angebaut zu werden.

Im Kapitel Baumwolle des Lieferkettenatlas wollen wir am Beispiel der flauschig leichten Bettdecke „Malaika“, die im oberösterreichischen Leonding von der Firma „Betten Reiter“ produziert wird zeigen, wie eine vorbildliche Lieferkette in der sonst so dreckigen Textilindustrie aussehen kann.

Wir behandeln dabei den Anbau von Baumwolle, die Missstände die damit mitunter einhergehen und warum es wichtig ist, zu wissen wie der Stoff entstanden ist, der sich an die eigene Haut schmiegt. Wir klären über die internationale Textilindustrie auf und zeigen, worauf beim Kauf von Baumwollwaren aller Art zu achten ist.

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Baumwolle…

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… benötigt eine acht bis neun Monate lange Wachstumsphase ehe die Baumwollphasern geerntet werden können.

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…gedeiht am besten bei subtropischem bis tropischem Klima

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… wird zwischen Februar und Juni gesät

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… ist viertgrößter Verbraucher an Pestiziden weltweit

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… wird zu 99 Prozent von Bäuer*innen im globalen Süden produziert

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… stammt zu 75 Prozent aus dem globalen Süden

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… benötigt bis zu 11.000 Liter Wasser pro Kilogramm geerntete Fasern

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… kommt zu 20 Prozent aus Xinjiang in China, Hunderttausende Uiguren zwangsweise bei der Baumwollernte eingesetzt werden

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… beziehungsweise dessen konventioneller Anbau verursacht sieben bis neun Kilogramm Kohlenstoffdioxid, für die Herstellung von nur einem T-Shirt

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… wird je nach Breitengrad nach neun Monaten zwischen Oktober und Februar geerntet

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Der Großteil der Baumwolle, die sich in unseren Kleidern und Alltagstextilien findet, stammt aus Indien, China oder den USA. Da die Erträge aus den Baumwollernten jedoch stark vom Wetter abhängen unterliegen sie relativ großen Schwankungen. Das führt auch dazu, dass die Baumwollpreise ständig neu bemessen werden.

Für das Erntejahr 2021/2022 wird auf indischen Baumwollplantagen eine Erntemenge von rund 29 Millionen Baumwollballen prognostiziert, auf Chinas Plantagen werden rund 27 Millionen Baumwollen und in den USA rund 17 Millionen Baumwollballen erwartet.

In all den drei führenden Produktionsländern gehen mit der Baumwollproduktion große Missstände einher, doch bevor wir auf diese näher eingehen, starten wir lieber mit einem äußerst positiven Beispiel: der Baumwollproduktion in Kirgistan, von dort kommen auch die Pflanzenfasern für unsere Vorzeige-Bettdecke.

Erntemenge der führenden Anbauländer

weltweit 2021/2022 – in 1000 Baumwollballen (Ein Ballen ca. 218 Kilogramm)

Von der Pflanze bis zur Decke

Zugegeben, die Baumwolldecke „Malaika“ ist kein durchschnittliches Baumwollprodukt. Sondern wir haben sie als Beispiel gewählt, weil ihre gesamte Lieferkette zu Hundert Prozent nachvollziehbar ist und wir auch zeigen wollen, wie wirklich sauber, ökologisch, nachhaltig und sozial produziert werden kann. Und das obwohl es sich bei der Textilindustrie um eine der dreckigsten und schädlichsten aller Branchen handelt.

Zum einen, wird die Decke in Oberösterreich in der hauseigenen Manufaktur von Betten Reiter in Leonding gefertigt. Zum anderen sind sowohl der Stoff, als auch die Füllung der Decke ausschließlich aus Fairtrade zertifizierter Baumwolle. Diese Baumwolle stammt aus dem Gebiet Dschalalabat im Süden von Kyrgyzstan. In der gleichnamigen Stadt Dschalalabat sitzt die Baumwollkooperative ACSC („Agricultural commodity and service cooperative“). Die Koooperative ist seit 2008 von Fairtrade zertifiziert und vereint rund 1000 Kleinbauern und Kleinbäuerinnen.

Kirgistan: Ein Land das auf eine zu 100 Prozent ökologische Landwirtschaft setzt

Das zentralasiatische Kirgistan, ehemals Mitglied der Sowjetunion, ist ein armes Land. Die Grundlage für die bis heute schwache nationale Wirtschaft ist die Landwirtschaft.

Gerade deswegen setzt die Regierung auf biologische Landbau, der dem Land einen Ausweg aus der Verschuldung ermöglicht und die Arbeit und das Leben rund um die Baumwollfelder für die Bauernfamilien nicht so gesundheitsschädlich macht, wie bei der konventionellen Baumwollproduktion. Denn ohne teure und giftige Chemikalien können die Bauernfamilien ein höheres Einkommen erzielen ohne schwer krankt zu werden.

Kirgistan ist neben Bhutan das zweite Land weltweit, das so konsequent auf eine flächendeckende ökologische Produktion hinarbeitet. Ende 2018 gab das kirgisische Parlament einen Zehnjahresplan bekannt: Bis 2028 soll die gesamte Landwirtschaft auf ökologischen Landbau umgestellt sein.

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Bessere Baumwolle aus Dschalalabat

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Über Kirgistan

Das wenig bekannte Land liegt in Zentralasien und grenzt an Kasachstan, Usbekistan, Tadschikistan sowie im Osten an China.
Es ist ein Hochgebirgsland, fast 90 Prozent des Landes liegen 1500 Meter über dem Meeresspiegel und hat rund 6,5 Millionen Einwohner*innen. Zwei Drittel der Landbevölkerung sind Nomaden. Die Amtssprachen sind Kirgisisch und Russisch.
Das Klima in Kirgistan ist trocken und kontinental geprägt, mit sehr kalten Wintern von bis zu Minus 20 Grad und heissen Sommern bis 45 Grad.

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Obwohl sich Kirgistan seit dem Zerfall der Sowjetunion und seiner Unabhängigkeit 1991 stark entwickelt hat und über Gold, Kohle, Öl oder Kupfer verfügt, lebt die Mehrheit der Landbevölkerung noch immer unterhalb der Armutsgrenze.

Jeder zwanzigste Kirgise hat weniger als 5,70 Euro pro Tag zur Verfügung.

Bis heute machen rund 25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts Überweisungen von Kirgis*innen aus, die im Ausland arbeiten und Geld in ihre Heimat zu ihren Familienangehörigen schicken.

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Das durchschnittliche Monatseinkommen in Kirgistan liegt bei nur knapp 170 Euro.

Wegen der mangelhaften Infrastruktur können in Kirgistan nur vier von fünf Kindern den Unterricht besuchen.

Veraltete Bücher, Lehrermangel und fehlende Strukturen tragen dazu bei, dass Kirgistan beim Pisa-Test bereits zweimal den letzten Platz belegte.

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Der Baumwollanbau in Kirgisien

Rund 40 Prozent der Krigis*innen leben von der Landschaft.

Doch die Mehrheit der konventionellen Baumwollbäur*innen stand vor dem gleichem Problem:

Der Monokulturanbau und die damit verbundene übermäßige Anwendung von chemischen Pestiziden und Düngemitteln führten zu Gesundheitsproblemen und die Fruchtbarkeit des Bodens wurde zerstört.

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Der Einsatz von Pestiziden hat in der Vergangenheit in der Bevölkerung zu Haut-, Augen- und Atemreizungen geführt.

Zudem führen Pestizide nicht nur bei den Bäur*innen, sondern auch den Bewohner*innen in der Umgebung zu akuten und chronischen Hauterkrankungen über Vergiftungserscheinungen bei direktem Kontakt, Krebs, Fruchtbarkeits- und Erbgutschäden bis hin zu Missbildungen bei Neugeborenen.

Außerdem führen die Giftstoffe natürlich auch zu Insektensterben, belasten das Trinkwasser und zehren den Boden so stark aus, dass auf diesem auch Jahre später ohne teuren künstlichen Dünger nichts mehr wächst.

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Der Anbau von Fairtrade Baumwolle ermöglicht den Kleinbäur*innen in Krigisen hingegen ein solides Einkommen das ihnen ein sicherer Auskommen ermöglicht.

Zudem bot der biologische Landbau den Bäur*innen einen Ausweg aus der Verschuldung und reduzierte ihre gesundheitliche Gefährdung. Denn so kommen sie ohne teure und schädliche Chemikalien und hohe Prämienpreise aus.

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Nach der Baumwollsaat im Frühjahr, folgt in Kirgistan Ende September die Erntezeit. Sie ist kurz und äußerst arbeitsintensiv.

Die Größe der Grundstücke von den Bäuer*innen der Kooperative ACSC „Bio Farmers“, die die Baumwolle der Malaika Decke produzieren, reicht von nur zwei bis zu zehn Hektar Land.
Denn 98 Prozent von ihnen sind Kleinbäuer*innen, die im Durchschnitt nur zwei Hektar Land bewirtschaften.

Die Frauen auf den Feldern pflücken trotzdem bis zu 170 Kilogramm Baumwolle pro Tag.

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Geerntet werden die Samenfasern der reifen Baumwollfrüchte. Diese werden nach dem Pflücken, gereinigt und entkernt.

Dann werden die Baumwollfasern nach Längen sortiert, je länger die so genannte „Stapellänge“ der Faser, desto höher die Qualität und der Preis der Baumwolle.

Die langen Fasern werden für die Textilherstellung benutzt. Die so hergestellt Rohware wird in Ballen gepresst und verkauft. In Spinnereien entstehen aus den Baumwollballen Garne oder Fließe in unterschiedlichen Qualitäten, die in Webereien wiederum zu Stoffen verarbeitet werden.

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Die handgepflückte Fairtrade zertifizierte Bio-Baumwolle ist von wesentlich höher Qualität, als die maschinell geerntete konventionelle Baumwolle.

Denn in ihr befinden sich viel weniger dunkle Samen die später zu Flecken führen und Schalenreste der Früchte.

Zudem ist sie natürlich frei von giftigem Unkrautvernichtungsmitteln und Pflanzendünger.

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Und so sieht die gereinigte, zu Ballen verpackte und gepresste Bio Baumwolle mit Fairtrade Zertifizierung dann aus, wenn sie bei Firmen wie Betten Reiter angeliefert wird.

Die Ballen sind steinhart und wiegen zwischen 200 und 300 Kilogramm.

Wird so ein Ballen geöffnet, verzehnfacht sich das Volumen der Baumwollfasern sofort wieder und sie werden wieder wunderbar weich.

Schluss

Nach den positiven Erfahrungen mit dem ökologischen Landwirtschaften, spricht die kirgisische Regierung davon, ein „ökologisches Paradies“ schaffen zu wollen.

Und jedenfalls besteht wirklich ein ernsthaftes Interesse seitens der Regierung, diesen Beschluss auch umzusetzen.

Bis 2028 sollen ausschließlich biologische Pflanzenschutzmittel und organischer Dünger verwendet werden.

Quelle: fashionunited.de, am 12.02.2019

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Anders als in Kirgistan, wo sich der Staat so stark regulierend in die Baumwollproduktion einbringt, führen die weichen weißen Fasern auf vielen anderen Teilen der Erde zu erheblichen Konflikten. Es kommt zu Kämpfen um das lebensnotwendige Wasser in den Regionen, den anfallenden Giftmüll und das Land der indigenen Bevölkerung.

Wo der Anbau von Baumwolle zu Konflikten führt

Quelle: EJAtlas

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Nach diesem Einblick, kommen wir zurück zu den Ländern, wo der Großteil Baumwolle in unserem Alltag herkommt und werfen einen Blick nach Indien, wo die Baumwollindustrie zum großen Leid der Menschen vor allem durch Kinderarbeit und giftige Pestizide geprägt ist.

Indien: Kinderarbeit und giftige Pestizide

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Baumwollindustrie in Indien: Kinderarbeit und Pestizide

Foto: Kurt Langbein

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Indien ist neben China der größte Baumwollproduzent der Welt. Nirgends ist die Erntemenge der kostbaren weißen Fasern so hoch.

Für das Erntejahr 2021/2022 prognostizierte der Auslandsdienst des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums eine Erntemenge auf den indischen Plantagen von rund 6,4 Millionen Tonnen.

Im letzten Jahr wurden in Indien 29 Millionen Baumwollballen geerntet. Ein solcher Baumwollballen wiegt rund 218 Kilogramm.

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Die Flächen auf denen Indien Baumwolle angebaut werden, liegen 2022 bei rund 13 Millionen Hektar Land. Die Anbaugebiete liegen vor allem in den Bundesstaaten Maharashtra, Gujarat, Telangana, Karnataka und Andhra Pradesh.

Die Landwirtschaft ist für Indiens Bevölkerung essentiell, da fast 60 Prozent der Bevölkerung von ihr leben.

Die wichtigsten kommerziellen Anbauprodukte sind Baumwolle, Zuckerrohr, Tee, Tabak, Kaffee, Jute, Cashewnüsse, Gewürze (vor allem Chili, Pfeffer, Kardamom, Ingwer, Koriander, Kurkuma, Zimt, Knoblauch) und Betelnüsse.

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Eines der vielen Probleme beim Anbau von Baumwolle ist die starke Abhängigkeit vom Wetter.

Nach Angaben des indischen Wetterdienstes führten auch in der diesjährigen Saison extreme Niederschläge zu Überschwemmungen und Wasseransammlungen auf den Anbauflächen.

Das wirkte sich negativ auf die Entwicklung der Baumwollpflanzen auf den Feldern aus. Aufgrund der hohen Bodenfeuchtigkeit besteht ein größeres Risiko, dass die Pflanzen Blüten und Kapseln abwerfen und der Ernteertrag sinkt.

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Da insbesondere im ländlichen Bereich von Indien die Armut immer noch hoch und die Abhängigkeit von der Landwirtschaft enorm ist, treffen Einbußen bei der Ernte die Bevölkerung stark.

Zwei Drittel der Menschen in Indien leben in Armut: knapp 69 Prozent der indischen Bevölkerung müssen mit weniger als zwei US-Dollar pro Tag auskommen.

Über 30 Prozent haben sogar weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag zur Verfügung – sie gelten als extrem arm. Am stärksten unter der Armut leiden Frauen und Kinder, die schwächsten Glieder der indischen Gesellschaft.

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Letztes Jahr fielen die indischen Baumwollernten um 65.000 Tonnen geringer aus als die offizielle USDA-Schätzung. Dementsprechend steigen seither die globalen Baumwollpreise.

Seit Oktober 2021 wurde Baumwollgarn um 2,3 Prozent teurer, während die Faserpreise sogar um 8 Prozent zulegten.

Die zunehmende Garnexporte von Indien vor allem nach Bangladesch, China und Vietnam führten dazu, dass die Spinnerei Fabriken zumindest zu 90 bis 100 Prozent ausgelastet sind.

Das ist wichtig für Indiens Arbeiter*innen die sonst ihre Arbeit verlieren.

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Mehr als 800 Millionen Menschen gelten in Indien als arm. Die meisten von ihnen leben auf dem Land und halten sich mit Gelegenheitsjobs wie dem Ernten von Baumwolle über Wasser.

Doch der Mangel an existenzsichernden Arbeitsplätzen in ländlichen Gebieten treibt viele Inder*innen in die rasant wachsenden Metropolregionen wie Bombay, Delhi, Bangalore oder Kalkutta.

Dort erwartet die meisten von ihnen ein von Armut und Verzweiflung geprägtes Leben in den aus Millionen von Wellblechhütten bestehenden Mega-Slums, ohne ausreichende Trinkwasserversorgung, ohne Müllabfuhr und in vielen Fällen auch ohne Elektrizität.

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Die schlechten Hygienebedingungen sind Ursache für Krankheiten wie Cholera, Typhus und Ruhr, an denen vor allem Kinder leiden und sterben.

1,4 Millionen Kinder sterben in Indien jedes Jahr vor ihrem fünften Geburtstag. Indien zählt damit zu den Ländern mit der höchsten Kindersterblichkeit weltweit.

Auch bei der Unterernährung besetzt Indien einen der traurigen Spitzenplätze: Mehr als 200 Millionen Menschen sind nicht ausreichend versorgt, davon 61 Millionen Kinder.

Bei 7,8 Millionen Säuglingen wird schon bei der Geburt ein zu geringes Gewicht unter 2500 Gramm festgestellt.

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Obwohl Kinderarbeit für unter 14-Jährige in Indien per Gesetz verboten ist, arbeiten nach offiziellen Angaben 12,5 Millionen Kinder im Alter von 5 bis 14 Jahren.

Hilfsorganisationen gehen davon aus, dass es in Wirklichkeit noch viel mehr sind: 65 Millionen Kinder zwischen 6 und 14 Jahren gehen nicht zur Schule. Nach Angaben der UNICEF haben rund 25 % der Kinder, insbesondere Mädchen in Indien keinen Zugang zu Bildung.

Es wird angenommen, dass sie stattdessen zum Lebensunterhalt ihrer Familien beitragen. Um ihr eigenes und das Überleben ihrer Angehörigen zu sichern, arbeiten indische Kinder auf dem Feld, in Fabriken, in Steinbrüchen, in privaten Haushalten und in der Prostitution, anstatt in die Schule zu gehen.

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Besonders gefährdet sind Kinder in den ländlichen Gebieten Indiens, denn dort ist die Wahrscheinlichkeit, in einem ausbeuterischen Arbeitsverhältnis zu landen, deutlich höher als in den Städten.

Viele dieser Arbeiten sind gefährlich oder gesundheitsschädlich.

Die Kinder arbeiten in langen Schichten von bis zu zwölf Stunden täglich in der Landwirtschaft oder auf Baumwollplantagen. Sie haben kaum Pausen oder freie Tage.

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Die Arbeit auf den Baumwollplantagen hat furchtbare Auswirkungen auf die Kinder.

Die monotone und anstrengende körperliche Arbeit führt schnell zu kaputten Gelenken oder überbeanspruchten Muskeln. Manche Kinder werden in ihrem Wachstum gebremst und bleiben ihr Leben lang in ihrer Entwicklung zurück. Andere verlieren ihr Gehör durch die Arbeit an lauten Maschinen. Oft kommt es auch zu Lungenkrankheiten und anderen chronischen Atemwegserkrankungen, zum Beispiel durch das Einatmen von Staub oder gefährlichen Pestiziden.

Viele Arbeiten sind so gefährlich, dass die Kinder dabei sterben.

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Am höchsten ist die Zahl der arbeitenden Kinder in der Baumwollindustrie im indischen Bundesstaat Gujarat.

Zehntausende Mädchen unter 14 Jahren werden dort auf Baumwollplantagen ls Arbeitskräfte für die Saatgutproduktion ausgebeutet.

Weil Mädchen und Frauen in der indischen Gesellschaft nur eine untergeordnete Stellung haben, können dadurch besonders leicht zur modernen Sklavenarbeit gezwungen werden.

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Doch die Ausbeutung von Erwachsenen und Kindern ist bei weitem nicht der einzige Missstand auf den Baumwollplantagen Indiens. Da Baumwollpflanzen anfällig für Krankheiten und Schädlinge sind, werden beim konventionellen Anbau der Pflanzen großen Mengen von Pestiziden eingesetzt.

Diese Pestizide sind hochgiftig, sogar so giftig, dass viele von ihnen in Europa verboten sind. Die Bäuer*innen und ihre Familien werden von ihnen krank und tragen davon mitunter lebenslange gesundheitliche Schäden davon.

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Eines dieser giftigen Pestizide ist zum Beispiel das Pflanzenschutzmittel "Polo", das von dem Schweizer Konzern "Syngenta" hergestellt wird.

Laut der Schweizer NGO "Public Eye" ist "Polo" sogar tödlich. Intensiven Recherchen und amtlichen Dokumenten aus den Jahren 2017 und 2020 zufolge, erkrankten alleine in der indischen Region Yavatmal über 800 Landarbeiter*innen durch den Einsatz von Polo schwer vergiftet worden.

Über 50 Bauern in der Region die mit dem Spritzmittel gearbeitet haben, sollen daran verstorben sein.

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Darüber wir giftig "Polo" tatsächlich ist, wissen die meisten Bauer*innen in Indien nur wenig.

Auch beim Kauf des Gifts sollen sie kaum über die Gefahren informiert werden und meist keine Schutzausrüstung für die Verwedung erhalten.

Die Warnhinweise auf den Verpackungen sind zudem nur auf Englisch und Hindi angegeben. Sprachen, die viele Bäuer*innen nicht sprechen, sofern sie überhaupt die Möglichkeit hatten lesen erlernen zu können.

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Doch selbst nach dem Bekanntwerden der vielen Vergiftungsfälle durch "Polo" änderte sich erst einmal nichts. Zwar wurde "Polo" durch die Regierung von Maharashtra im Jahr 2018 verboten, das gefährliche Pestizid wurde von Syngenta jedoch weiter exportiert und dementsprechend weiter im Handel erhältlich.

Erst als 2020 mehrere NGOs zusammen eine Beschwerde bei der OECD einreichten bewegte sich etwas. Dazu arbeiteten NGOs die Fälle von 51 Bäuer*innen auf die berichtet haben, dass sie zwischen September und Oktober 2017 "Polo" genutzt hatten.

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Alle Betroffenen mussten nach der Verwendung von "Polo" medizinisch behandelt werden. Zu den akuten Vergiftungsanzeichen gehörten Augen- und Atemprobleme, Übelkeit, neurologische und muskuläre Symptome, Schwellungen und Hautreaktionen.

44 der 51 Personen berichteten über zwischenzeitigen Sehverlust, 16 Personen seien bis zu mehreren Tagen bewusstlos gewesen. Die meisten der Vergiftungsopfer seien längere Zeit arbeitsunfähig gewesen, einzelne sogar bis zu einem Jahr.

Insgesamt 28 Personen waren von anhaltenden Gesundheitsproblemen betroffen.

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Laut "Public Eye" sind rund 800 Landarbeiter*innen im Distrikt Yavatmal durch die Arbeit mit "Polo" schwer vergiftet worden.

Über 50 Männer in der Region seien verstorben.

Erst Seit 2021 darf der Schweizer Konzern Syngenta das in Europa verbotene "Polo" auch nicht mehr exportieren.

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Doch Kinder die ausgebeutet werden und auf Plantagen schuften müssen, statt zur Schule zu gehen und Bauernfamilien die an giftigen Pestiziden erkranken oder sogar daran versterben sind nur der Beginn einer langen Reihe an Missständen in der Baumwollproduktion. Auch in China, dem Land in demnach Indien die zweithöchste Menge an Baumwolle angebaut wird, herrschen es massive menschenrechtliche Probleme auf den Plantagen.

China: Baumwolle aus Zwangsarbeit

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China: Baumwolle aus Zwangsarbeit

Foto: @uyghur_nur auf Twitter

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China ist nach Indien der zweitgrößte Baumwollproduzent der Welt.

Doch ein Großteil dieser chinesischen Baumwolle wird unter Zwang gepflückt.

Vor allem von der muslimischen Minderheit in China, den Uiguren.

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In Xinjiang werden etwa 85 Prozent der chinesischen Baumwolle angebaut. Das entspricht rund 20 Prozent der weltweiten Baumwollproduktion.

Zugleich ist Xinjiang auch die Heimat der muslimischen Minderheit der Uiguren.

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Deswegen lautet die amtliche chinesische Bezeichnung auch "Uigurisches Autonomes Gebiet Xinjiang", von Anhänger*innen der uigurischen Unabhängigkeitsbewegung wird sie stattdessen Ostturkestan genannt.

Die Region ist ein überwiegend von Uiguren und Han, aber auch Mongol*innen besiedeltes Gebiet im äußersten Nordwesten der Volksrepublik China.
Der nördliche Teil des Gebiets wird auch Dsungarei genannt.

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Das autonome Gebiet Xinjiang ist riesig. Es hat eine Fläche von 1.640.320 km², das ist mehr als dreimal so groß wie Deutschland.

Es grenzt an die Nachbarstaaten Indien, Pakistan, Afghanistan, Tadschikistan, Kirgisistan, Kasachstan, Russland und die Mongolei. Die Grenze zu Indien und Pakistan liegt in der umstrittenen Region Kaschmir. Die Grenzlinie des autonomen Gebietes von 5.600 km entspricht einem Viertel der gesamten chinesischen Grenzlinie.

Innerhalb Chinas grenzt Xinjiang an die Provinzen Gansu und Qinghai sowie an das Autonome Gebiet Tibet.

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Die Bevölkerung von Xinjiang war bereits Anfang des 19. Jahrhunderts, während der Qing-Dynastie, eine Mischung aus etwa 30 Prozent Han-Chines*innen und rund 60 Prozent waren Angehörige von muslimischen Turkvölkern.

Der muslimische Teil er Bevölkerung, internationale Beobachter*innen und NGOs werfen der chinesischen Regierung jedoch vor, dass sie ähnlich wie in Tibet eine Sinisierung der gesamten Bevölkerung anstrebt.

Heute liegt der Anteil der Han -Chinesen bei etwas mehr als 40 Prozent, während Uiguren nur noch etwa 46 Prozent der gesamten Bevölkerung ausmachen.

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Seit Mitte der der 2010er Jahre berichten NGOs wie Human Rights Watch sogar von Umerziehungslagern und Arbeitslagern, in denen Uiguren inhaftiert worden sein sollen.

Sie Vorwürfe reichen von massiven Menschenrechtsverletzungen, bis zu Ethnozid, Genozid oder Völkermord.

Bis zu eine Million Menschen jährlich sollen nach UN-Schätzungen in Internierungslagern wie diesen „willkürlich festgehalten und dort politisch und kulturell indoktriniert werden.“

Das Bestehen der Lager wurde im Oktober 2018 von der Regierung zwar offiziell bestätigt, zugleich allerdings die Vorwürfe von Misshandlungen bestritten.

Foto: @uyghur_nur auf Twitter

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Im Herbst reihen sich in Xinjiang kilometerweit, auf einer Fläche von mehr als 22.000 Quadratkilometern, die reifen aufgeplatzten Baumwollfrüchte aneinander.

Ihre langen wolligen Samenhaare müssen rasch gepflückt werden, bevor der erste Regen beginnt und die kostbare Ernte zerstört.

Und rund 70 Prozent davon müssen immer noch händisch gepflückt werden, eine sehr anstrengende und körperlich belastende Arbeit im Akkord.

Bis vor wenigen Jahren übernahmen diese Arbeit meist arme Wanderarbeiter*innen aus westlichen und zentralen Provinzen von China. Es waren Han-Chines*innen, die wegen des Geldes für die harte Erntearbeit nach Xinjiang kamen.

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Heute kommen keine chinesischen Wanderarbeiter*innen zum Einsatz, stattdessen wird ein Großteil der chinesischen Baumwolle unter Zwang gepflückt, vor allem von Uiguren.

Das legen, wie etwa die Süddeutsche Zeitung berichtet, Regierungsdokumente und Berichte staatlicher Medien nahe, die der China-Forscher Adrian Zenz im Auftrag des Center for Global Policy in Washington ausgewertet hat.

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass die lokalen Behörden mithilfe eines staatlich angeordneten Arbeitsprogramms mehr als eine halbe Million Uiguren vom Staat während der Erntezeit in die Felder geschickt werden.

Quelle: Süddeutsche Zeitung, 15.Dezember 2020
Foto: @uyghur_nur auf Twitter

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Die chinesische Regierung hat versprochen, dass das staatliche Arbeitsprogramm die Armut in der Volksrepublik reduzieren sollte.

Staats- und Parteichef Xi Jinping, begründete das Programm damit, dass bis Ende 2020 niemand in China mehr in Armut leben soll.

Tatsächlich wurden in Xinjiang allerdings Bäuer*innen zu Arbeiter*innen und Erntehelfer*innen, die in Wohnheimen leben müssen.

Denn in diesen Anlagen sind sie leichter zu überwachen als in der weitläufigen Region auf ihren Bauernhöfen.

Quelle: Süddeutsche Zeitung, 15.Dezember 2020
Foto: @uyghur_nur auf Twitter

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Die Arbeit unter Zwang trifft die ganze Familie.

Denn die Kinder und älteren Menschen, werden von ihren Eltern oder Verwandten, die in Arbeitsprogramm sind einfach getrennt.

Sie werden während der Ernte teils in staatlichen Einrichtungen und Kinderheimen untergebracht.

Quelle: Süddeutsche Zeitung, 15.Dezember 2020
Foto: @uyghur_nur auf Twitter

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Innerhalb kürzester Zeit ließ die chinesische Regierung in Xinjiang einen Polizeistaat aufbauen, der wohl einmalig auf der Welt ist.

In Lagern werden Hunderttausende Uiguren weggesperrt und umerzogen. Sie sollen ihren muslimischen Glauben ablegen und treue Regime Anhänger*innen werden.

Vergangenes Jahr veröffentlichten internationale Medien, interne Dokumente der Kommunistischen Partei, die das geradezu unvorstellbare Ausmaß des Lagersystems belegen.

Foto: @uyghur_nur auf Twitter

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Nach staatlichen Angaben wurden seit 2014 jedes Jahr etwa 350 000 Kader in Dörfer in Xinjiang entsandt, um die Maßnahmen umzusetzen.

In einer Stadt, in der 3000 Erntearbeiter*innen rekrutiert wurden, gingen laut Medienberichten zuvor 30 Kader von Haus zu Haus.

Als in einem Dorf im Kreis Jiashi die Bewohner*innen nicht freiwillig ihre Familien verlassen und Baumwolle pflücken wollten, wurde von den Kadern so lange "ideologische Bildungsarbeit" betrieben, bis sich genug meldeten.

Quelle: Süddeutsche Zeitung, 15.Dezember 2020
Foto: @uyghur_nur auf Twitter

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Zur sogenannten "Ausbildung" in den Lagern gehört, das Singen von "patriotischen" Liedern, der Kommunistischen Partei zu huldigen und Hochchinesisch zu lernen.

Das Ausmaß an Kontrolle und Überwachung soll in den "Ausbildungszentren" ähnlich stark ausgeprägt sein wie in den Umerziehungslagern.

Auch auf den Feldern werden die Arbeiter*innen kontrolliert.

Eine Anordnung aus dem Jahr 2016 schreibt eine strenge Überwachung und die gezielte Indoktrinierung der Arbeiter*innen vor, damit sie von sich aus ihre in China illegalen religiösen Aktivitäten einstellen.

Quelle: Süddeutsche Zeitung, 15.Dezember 2020
Foto: @uyghur_nur auf Twitter

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Die staatliche Propaganda über die Zwangsarbeit auf den Baumwollfeldern verherrlicht die Indoktrinierung in den Arbeitslagern.

Im Kreis Baicheng in Aksu wird ein angeblicher Arbeiter zitiert, der von den Baumwollfeldern zurückgekehrt und gesagt haben soll:

"In der Vergangenheit waren meine faulen Gedanken - warten, sich auf andere stützen und um Hilfe bitten - sehr ernst. Das Einzige, was ich wusste, war, die Partei und die Regierung um Dinge zu fragen. Jetzt verstehe ich endlich, dass das größte Glück ist, Geld auszugeben, das ich mit meinen hart arbeitenden Händen und Schweiß verdient habe."

Quelle: Süddeutsche Zeitung, 15.Dezember 2020
Foto: @uyghur_nur auf Twitter

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Die USA haben Ende 2021 wegen des Verdachts von Zwangsarbeit den Import von Baumwolle und der daraus produzierten Ware des staatlichen Produzenten Xinjiang Production and Construction Corps (XPCC) verboten.

Doch rund 80 Prozent der von XPCC angebauten Baumwolle wird von Maschinen und nicht händisch gepflückt.

Der Großteil der Zwangsernte ist von diesem Verbot also gar nicht erfasst.

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Die einzige Möglichkeit auszuschließen, dass bei der Baumwollernte wirklich keine Zwangsarbeit zum Einsatz kam, wäre es also keine Baumwolle mehr aus China zu kaufen.

Und das gleiche gilt für die Produktion, denn auch in Xinjiang Fabriken werden Uiguren zur Arbeit gezwungen.

Mindestens 83 bekannten Weltmarken aus dem Technologie-, Bekleidungs- und Automobilbereich sollen dort produzieren lassen. Zu ihnen sollen unter anderem Apple, BMW, Gap, Huawei, Nike, Samsung, Sony, Volkswagen, Hugo Boss, Adidas, Gerry Weber und Kik gehören.

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Dreckige Textilindustrie

Eingestürzte oder brennende Textilfabriken in Bangladesh, junge Mädchen an Nähmaschinen in Indien und andere Horrorbilder aus den Textilhöllen in Südostasien haben sich inzwischen in unser aller Gedächtnis eingebrannt. Das die Textilindustrie schmutzig ist und furchtbares Leid verursacht ist nun wirklich kein Geheimnis mehr.

Aber dass sich diese grauenhaften Fabriken, in denen Stofffetzen im Akkord produziert werden, längst nicht mehr nur im globalen Süden, sondern auch in unseren europäischen Nachbarländern befinden, ist bisher wenig bekannt. Obwohl im Jahr 2021 tatsächlich wesentlich mehr Kleidung aus der Türkei, Italien oder Polen in den deutschen und österreichischen Geschäften hingen, als aus Pakistan, Indien oder Vietnam. Wer nun meint, dass dies auch eine positive Entwicklung hinsichtlich der Arbeitsbedingungen für die Frauen in den Fabriken wäre und man beim Kauf von billigen T-Shirts nun weniger furchtbare Bilder im Kopf haben muss, irrt jedoch. Denn es ist keineswegs so, dass die Produktionsbedingungen im reichen Westen auch nur ein Stück weit besser wären. Im Gegenteil, mit der Rückkehr der Textilindustrie nach Europa, sind auch die prekären und menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen zurückgekommen. 

Wichtigste Herkunftsländer für Textil- und Bekleidungsimporte in Deutschland

nach Einfuhrwert im Jahr 2021 (in Millionen Euro)

Zwar wurden im Jahr 2021 immer noch der Großteil der Textilien und Bekleidung im deutschsprachigen Raum aus China importiert, jedoch hat nicht zuletzt die Corona-Krise den Trend zur Produktion in Europa massiv verstärkt. Schließlich rattern nicht nur die Nähmaschinen in der Fashion Industrie immer schneller, auch die neuesten Kleider sollen am besten nur noch einen Klick von der eigenen Haustür entfernt sein. Die Geschwindigkeit in der Fast Fashion Industrie ist inzwischen so schnell, dass Lieferzeiten von mehr als drei Tagen zu Nachteilen im Wettbewerb führen. Das bedeutet natürlich, dass lange Lieferwege, wie die aus Asien unattraktiver werden. Wenn jede Woche neue Waren in den Geschäften hängen und online mit kurzfristiger Lieferung verfügbar sein sollen, dann dauert der vier bis sechs Wochen lange Transport mit dem Containerschiff über den Seeweg einfach viel zu lange. Zudem sind die chinesischen Fabriken auf gigantische Stückzahlen spezialisiert, kleinere Produktionsmengen sind in der Herstellung verhältnismäßig teuer.

Und – das ist wohl noch viel wichtiger für die Auftraggeber – die chinesischen Löhne sind in der Textilindustrie in den letzten Jahren gestiegen, da die gigantischen Elektronikfabriken wie Foxconn so florieren, dass sie ein Konkurrenzangebot für die niedrig bezahlten Arbeiter*innen darstellen.

Die unheimliche Rückkehr der Textilindustrie nach Europa

Alte Hochburgen der Textilindustrie wie Leicester in Großbritannien werden von Fabrikanten also ebenso wieder entdeckt, wie die günstigen osteuropäischen Produktionsstandorte in Rumänien oder Bulgarien. In Bangladesch, Myanmar und Kambodscha wurden hingegen im letzten Jahr so dermaßen viele Bestellungen storniert, dass die Textilfabriken, die noch nicht zusperren mussten, um ihr Überleben bangen. Gerade die Industrie in Bangladesch trifft das besonders hart, weil das Land so abhängig von der Kleiderproduktion ist wie kaum ein anderes.

Denn anteilsmäßig macht Bekleidung vier Fünftel, beziehungsweise 84 Prozent der Gesamtexporte von Bangladesch aus. Während der Corona Pandemie kam es zu einem Exportrückgang von 34.133 Millionen US-Dollar im Jahr 2018/2019 auf 27.949 Millionen US-Dollar im Jahr 2019/2020.  In den etwa 4000 Fabriken des Landes arbeiteten vor der Corona Krise etwa vier Millionen Menschen, rund eine Million von ihnen haben ihre Arbeit zumindest zwischenzeitig verloren, obwohl Textilfabriken aus jedem Lockdown ausgenommen waren. In Kambodscha lief es ähnlich, ein Sprecher des Arbeitsministeriums verlautbarte im April 2020, dass mindestens 91 Bekleidungsfabriken wegen der Auswirkungen der Corona-Krise die Arbeit einstellen mussten und 61.500 von etwa 850.000 Beschäftigten ohne Arbeit dastanden. Fast jede sechste Fabrik soll in der Branche, die der größte Arbeitgeber des Landes war, geschlossen worden sein.

In der Textilhölle Großbritanniens

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In der Hölle der Fahrerkabinen

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Fast vier Millionen Lkw-Fahrer*innen halten den Lkw-Verkehr auf Europas Autobahnen am laufen. Ihre Arbeit ist zwar wichtig, doch der Job den sie machen ist undankbar.

Extrem lange Fahrzeiten, hoher Zeitdruck, enormer Stress, ein niedriges Einkommen und gefährliche wie gesundheitsschädliche Arbeitsbedingungen sind der Grund dafür, warum die Lücke am Stellenmarkt ein bedrohliches Ausmaß annimmt.

Rund 400.000 Lkw-Fahrer*innen werden in Europa gesucht. In Großbritannien bleiben auf Grund des Fahrermangels sogar die Supermarktregale leer.

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Die Covid 19 Pandemie hat die Lage noch zusätzlich verschärft. Bei einer aktuellen Erhebung in Deutschland, Frankreich, Spanien, Polen, Rumänien und Dänemark, wo sich zwei Drittel aller europäischen Straßengüterverkehrsunternehmen befinden, fehlen in Europa derzeit zwischen 380.000 und 425.000 Lkw-Fahrer*innen.

Damit sind 14 Prozent der Stellen offengeblieben und bis 2026 wird ein Mangel an zwei Millionen Fahrer*innen prognostiziert.

Quelle: IRU Driver Shortage Global Report 2022
"Understanding the impact of driver shortages in the industry"

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Welche Probleme drohen, wenn Lkw-Fahrer*innen fehlen, hat die Lage in Großbritannien bereits im Jahr 2022 eindrucksvoll aufgezeigt.

Tankstellen konnten nicht mit Kraftstoff beliefert werden und Lebensmittelgeschäfte mussten auf regelmäßigen Nachschub verzichten, weshalb ihre Regale leer blieben. Denn insbesondere Gemüse und Obst lässt sich nicht lange lagern, daher entstanden dort grobe Lücken, die etwa von der Supermarktkette Tesco mit auf Karton gedruckten Bildern von Lebensmitteln notdürftig gefüllt wurden.

Besonders furchtbar war jedoch, dass sogar Schweinezüchter ihre Tiere notschlachten mussten, weil sie nicht mehr zum Schlachthof gefahren werden konnten. Ihr Fleisch musste entsorgt werden und hat es niemals in den Verkauf geschafft.

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Diejenigen, die sich den harten Job als Fahrer*in heute noch antun, sind fast ausschließlich Männer, der Frauenanteil in der Branche liegt bei weniger als drei Prozent. Ebenso mangelt es an Nachwuchs, weniger als sieben Prozent der Fahrer*innen sind unter 25 Jahre und über ein Drittel bereits über 55 Jahre alt.

Und während in den vergangen Jahren in den Lkws noch viele Männer aus Osteuropa saßen, können auch diese inzwischen nicht mehr für die niedrigen Löhne fahren. So hat sich beispielsweise die Zahl der für polnische Transportunternehmen tätigen Drittstaatsangehörigen in den letzten Jahren erheblich gesteigert.

Allein im Jahr 2016 hat sich die Zahl der ukrainischen und weißrussischen Fahrer im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt.

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Die meisten Fahrer*innen haben osteuropäische Verträge und werden weit unter dem österreichischen Mindestlohn bezahlt. Denn viele westeuropäische Speditionen haben Ableger in Osteuropa gegründet und lassen nun billigere Fahrer*innen aus immer weiter im Osten liegenden Ländern für sich arbeiten.

So bekommt beispielsweise ein Fahrer mit einem deutschen Arbeitsvertrag etwa 2500 Euro monatlich. Ein Fahrer, der für eine ungarische Niederlassung der gleichen Spedition arbeitet, bekommt jedoch nur 500 Euro.

Der Fall ist keine Ausnahme, da die ausländischen Fahrer*innen durchschnittlich nur zwischen 250 und 600 Euro Grundlohn erhalten. Die höheren europäischen Mindestlöhne werden umgangen. Als "Ausgleich" erhalten sie Spesen, für die der Arbeitgeber weder Sozialabgaben noch Steuern abführt.

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Ein weiterer Grund warum sich immer weniger Fahrer*innen finden, ist die extrem lange Arbeitszeit, die kaum ein Leben neben der Arbeit zulässt.

Zwar muss formal eine wöchentliche Durchschnittsarbeitszeit von 48 Stunden eingehalten werden, allerdings kann diese "bei Bedarf" auf bis zu 60 Stunden ausgeweitet werden. Dazu kommt, dass viel zu wenige Kontrollen der Fahrtzeiten stattfinden und so auf Grund des hohen Zeitdrucks im Transportgewerbe, Fahrer*innen laufend gegen die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten verstoßen müssen, um ihre Zustelltermine einhalten zu können.

Während der Corona-Krise 2020 wurden zudem für den Transport sämtlicher Waren, neben den Lenk- und Ruhezeiten auch das Nacht- und das Wochenendfahrverbot in Österreich außer Kraft gesetzt. Damit wurde der Druck auf die Fahrer*innen zusätzlich erhöht.

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Doch selbst wenn die Fahrer*innen im Zeitplan liegen und ihnen der Verkehr keine Probleme bereitet, haben sie noch eine Hürde zu überwinden: Da es viel zu wenige Parkmöglichkeiten für die Lkw entlang der europäischen Autobahnen gibt, ist die abendliche Parkplatzsuche der blanke Horror.

So fehlen beispielsweise entlang der Autobahnen und Bundesstraßen in Deutschland rund 40.000 Lkw-Stellplätze. Europaweit sollen rund 400.000 sichere Lkw-Parkplätze fehlen. Deswegen werden die Fahrer*innen oft zu Opfern von Diesel- und Ladungsdiebstählen. Die EU-Kommission beziffert die Verluste durch Diebstähle sogar auf mehr als 8,2 Milliarden Euro pro Jahr.

Gesicherte Parkflächen sind daher dringend nötig, um Fahrer*innen zu schützen, damit sie ihre Ruhezeiten auch einhalten und für erholsamen Schlaf nutzen können.

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Aus dem ehemals gut bezahlten, relativ selbstbestimmten Beruf als Lkw-Fahrer, ist inzwischen also ein Knochenjob geworden. Oft ist nichtmal Zeit um zur Toilette zu gehen, geschlafen werden muss in der Fahrerkabine, Freizeit gibt es neben den langen Arbeitszeiten auch keine.

Das ständige Sitzen führt zu schmerzhaften Rückenproblemen, zum Essen gibt es meist nur Junkfood von der Tankstelle und vor allem können die Fahrer*innen nur alle paar Wochen ihre Familien sehen.

Viele Fahrer*innen beschreiben ihr Leben heute als die Hölle auf Erden und sind verzweifelt.

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Cut, Make & Trim“ in Rumänien

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„Cut, Make & Trim“ in Rumänien

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Auch in Rumänien gehört die Textilindustrie schon seit hundert Jahren zu den fünf wichtigsten Wirtschaftszweigen mit dem höchsten Einfluss auf den Arbeitsmarkt.

Während der Sowjetunion war Rumänien als Produktionsstandort für die Herstellung von Textilien gut etabliert und schuf viele neue Arbeitsplätze, insbesondere in den wirtschaftlich weniger entwickelten Regionen des Landes.

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Nach dem Untergang der Sowjetunion, war sie jedoch auch einer der ersten Sektoren der privatisiert wurde und die meisten Bekleidungsfabriken in traditionellen Segmenten wie der Woll- und Seidenproduktion wurden nach dem Ende der sozialistischen Ära geschlossen.

Überlebt haben vor allem die Nähereien, die von staatlichen oder kollektiven Betrieben in privatisierte Bekleidungsfabriken umgewandelt wurden.

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Trotzdem war es im Jahr 1991 mit rund 586.000 Arbeiter*innen immer noch die Branche mit den zweitmeisten Beschäftigten im Land.

Keine 20 Jahre später, im Jahr 2019, lag die durchschnittliche Zahl der Beschäftigten in der Textilindustrie in Rumänien bei 39.980, in der Herstellung von Bekleidung bei 117.791 und in der Herstellung von Leder und verwandten Produkten nur noch bei 56.806 Personen.

Nichtsdestotrotz, sind einige der Textilunternehmen bereits seit über 100 Jahren aktiv.

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Heute ist das wichtigste Merkmal der Bekleidungsindustrie in Rumänien die Entwicklung des Produktionssystems "Cut, Make & Trim" (CMT).

Dabei fungieren die rumänischen Fabriken als Subunternehmen von ausländischen Marken wie "Hugo Boss", "Marc O´Polo" , "Aldi, Basler", "C&A", "Esprit", "Eugen Klein", "Gerry Weber", "H&M", "Hucke", "Marc Cain", "Peter Hahn", "Primark" oder "René Lezard".

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Über das ganze Land sind Textilfabriken verteilt, die meisten konzentrieren sich auf die Gebiete Timiş, Sibiu, Iaşi, Mureş und Bukarest.

Die Lage für die zu rund 80 Prozent weiblichen Textilarbeiter*innen ist jedoch überall schlecht, denn die Löhne in der Bekleidungsindustrie zählen zu den niedrigsten im ganzen Land und die Arbeitsbedingungen sind prekär, vor allem in den mitunter auch kleinen und abgelegenen Dorfwerkstätten.

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Schon seit 2011 gibt es keinen bundesweit gültigen Tarifvertrag, bei uns „Kollektivvertrag“ genannt, für die rumänische Bekleidungsindustrie und somit auch keinen allgemeinen Mindestlohn mehr.

Theoretisch sollten die Verhandlungen für kollektive Mindestlöhne seither auf sektoraler Ebene stattfinden, aber in der Praxis werden diese blockiert.

Zum Nachteil der meist weiblichen Arbeiter*innen im Alter zwischen 25 und 55 Jahren, die mit ihren Einkommen in der Regel auch ihre Kinder miterhalten müssen.

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Deswegen ist die rumänische Textilindustrie inzwischen durch Wanderarbeiter*innen, hauptsächlich aus China und der Türkei, aber auch aus Moldawien, Vietnam und den Philippinen geprägt. Dort lässt es sich mit den kümmerlichen Löhnen noch überleben.

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Weitere Missstände in der rumänischen Fashion Industrie entstehen durch den starken wirtschaftlichen Zwang der von den Fabrikbetreibern auf die Arbeiter*innen ausgeübt wird.

So können die Arbeiter*innen selbst nach 12 langen Stunden ihren Arbeitsplatz nicht verlassen, weil sie beispielsweise eine Vermittlungsgebühr an den Fabrikkanten oder einen Arbeitsvermittler bezahlen mussten oder ihnen eine andere unüberwindbare Schuld aufgebürdet wurde.

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Außerdem ist es in Rumänien erlaubt, dass der Arbeitgeber die Reisepässe der Arbeiter*innen einbehalten und sie in Wohnheimen unterbringen darf, die sie nicht nach ihrem Willen verlassen dürfen.

So und auf andere Arten wie Menschenhandel kommt es zu Schuldknechtschaften in Rumänien die nur als modere Sklaverei bezeichnet werden können.

Laut offizieller Statistiken des Global Slavery Index waren schon 2018 4,3 von 1.000 Menschen in Rumänien von moderner Sklaverei betroffen, das entspricht rund 86.000 Opfern.

Rumänien liegt damit auf Platz 19 von 50 Ländern in Europa und Zentralasien Asien. Unter den EU-Mitgliedstaaten ist Rumänien gar die Hauptquelle für Opfer des Menschenhandels.

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Und schließlich berichten Arbeit*innen aus den Textilfabriken, dass sie schikaniert, belästigt und angeschrien und ständig mit Entlassung bedroht werden.

Um die Produktionsziele zu erreichen, dürfen sie nicht miteinander reden oder Pausen machen und müssen oft eine Ersatzarbeiterin finden, um die Toiletten zu benutzen.

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Manchmal, wenn die Produktionsquoten nicht erreicht werden, kürzen die Manager zur Strafe die Prämien.

Da ihr Grundlohn so extrem niedrig ist, bemühen sich die Arbeit*innen, so viele Prämien wie möglich zu erhalten, so dass jede zusätzliche Prämie für ihren Lebensunterhalt unerlässlich ist.

Durchschnittlich leisten die rumänischen Näherinnen 10-15 Überstunden pro Woche für einen Bruttomindestlohn von 470 Euro 2021.

Die Löhne der Textilindustrie in Rumänien decken nur 14 Prozent eines als existenzsichernden Lohns ab, so dass die Arbeit in der Bekleidungsindustrie Armut schafft, anstatt sie zu beseitigen.

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Die BETTEN REITER Manufaktur in Leonding

Ein passendendes positives Beispiel für die Produktion eines Textilproduktes zu finden war gar nicht so einfach. Denn die Textilindustrie in Österreich ist inzwischen sehr klein und beschäftigt nur noch rund 10.000 Menschen. Noch schwieriger wird es, wenn man so wie wir auch noch eine zu hundert 100 Prozent transparente und vorbildliche Lieferkette beschreiben will.

Aber bei der Baumwolldecke „Malaika“ von Betten Reiter sind wir fündig geworden. Denn die Decke wird zur Gänze in der hauseigenen Manufaktur von Betten Reiter im oberösterreichischen Leonding gefertigt. Und der Stoff, die Füllung und selbst die Fäden der Decke stammen ausschließlich aus Fairtrade zertifizierter Baumwolle. Nun sehen wir uns also an, wie aus den Baumwollsamen unsere Bettdecke entsteht. 

Die BETTEN REITER Manufaktur in Leonding

In der Bettenreiter Manufaktur arbeiten 15 Näherinnen. Anders als die Textilarbeiter*innen in Großbritannien, Rumänien, der Türkei, China, Bangladesch oder Myanmar sind sie jedoch ordentlich angestellt und sozial abgesichert.

Jede einzelne von ihnen ist dauerhaft und langjährig im Unternehmen tätig und ihre Arbeitsverhältnisse unterliegen einem Kollektivvertrag, der alle ihre Rechte sicherstellt.

Ihre wöchentliche Arbeitszeit beträgt 38,5 Stunden, sie erhalten zusätzliche Sozialleistungen und werden mit einem höheren Gehalt entlohnt, als es der österreichisch Kollektivertrag für die Textilindustrie vorsieht. 

Die Firma Bettenreiter zeigt, dass auch in der so dreckigen, von Missständen geprägten Textilindustrie, sauber, nachhaltig, transparent und sozial produziert werden kann. Deswegen spricht sich das heimische Unternehmen auch für ein Lieferkettengesetz aus, damit auch internationale Konzerne endlich auf verträgliche Art produzieren müssen.